Das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma zeigt, wie sich Erinnerung im Spiegel der Gegenwart verändert und lädt uns ein, ein Bewusstsein für Ausgrenzung und Menschenrechtsschutz heute zu entwickeln.
Direkt gegenüber dem Reichstag, dem Sitz des deutschen Parlaments, ist im Jahr 2012 ein neuer zentraler Erinnerungsort errichtet worden: Das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas des Künstlers Dani Karavan.
Hunderttausende Sinti, Roma und Menschen anderer Zugehörigkeiten wurden zwischen 1933 und 1945 unter der Rassenideologie der Nationalsozialisten verfolgt und ermordet. Nach dem Krieg blieben sie in beiden Teilen Deutschlands aus der offiziellen Gedenkkultur ausgeschlossen. Erst auf das beharrliche Bestreben des Zentralrates der Deutschen Sinti und Roma wuchs Jahrzehnte nach Kriegsende das öffentliche Bewusstsein und mit ihm die Bereitschaft der Bundesregierung, einen Erinnerungsort einzurichten.
„Eine Mahnung für die Zukunft, sich für den Schutz von Minderheiten einzusetzen.“
Direkt gegenüber dem Parlament, dem Zentrum der demokratischen Willensbildung, hat das Denkmal einen symbolisch zentralen Ort. Es soll, so die Geleitworte, nicht nur die Opfer ehren, „sondern (…) auch für die Zukunft eine eindringliche Mahnung und Aufforderung (sein), gegen die Diskriminierung von Sinti und Roma anzugehen“ und dazu aufrufen, sich den Menschenrechten und dem Schutz von Minderheiten zu verpflichten.
Die späte Errichtung dieses Denkmals spiegelt wider, wie Erinnern und Gedenken stets von den Debatten der Gegenwart geprägt sind, sich im Laufe der Zeit verändern und neu konfigurieren. Erinnerung ist immer vielstimmig: Jenseits des offiziellen Gedenkens gibt es vielfältige alternative Erinnerungen, die oftmals erst auf die langjährige Initiative einzelner Gruppen hin sichtbar gemacht werden.
Viele in Deutschland lebende Sinti und Roma erleben heute strukturelle Benachteiligung, rassistische Ausgrenzung oder gar direkte Angriffe. Die Errichtung eines Denkmals allein reicht noch lange nicht aus, um gesellschaftliche Strukturen von Diskriminierung zu verändern.
Doch Orte wie dieser laden uns ein, das Erinnern von Vergangenem mit einem Bewusstsein für Ausgrenzungen in der Gegenwart zu verbinden und uns heute für ein inklusives Verständnis von Vielfalt und Menschenrechten in unserer Gesellschaft einzusetzen.
Zur Reflexion: Welche Erfahrungen ausgegrenzter Gruppen sind in unserer heutigen Gedenkkultur ausgeblendet?