Palais Lieben-Auspiez, Universitätsring 4, 1010 Wien
Kunst und Geist für die Völkerverständigung im Palais Lieben-Auspiez
„Sie engagierte sich für die Hoffnung auf Frieden durch kulturellen Austausch, durch grenzüberschreitende Kunst in Vielfalt, die den Unterschied der einzelnen Länder nicht verwischt, sondern für Neues nutzt.“
Ein paar Stockwerke über dem Café Landtmann kamen einst internationale Künstler und Freidenker im Salon der Berta Zuckerkandl (1864 – 1945) zusammen. Sie setzte sich für viele Richtungen der damals modernen Kunst ein und engagierte sich für eine Politik des Friedens und der Völkerverständigung.
1864 war sie in einer wohlhabenden jüdischen Wiener Familie mit engstem Kontakt zum kaiserlichen Hof geboren worden. Der Vater Moritz Szeps war nicht nur ein einflussreicher Journalist, sondern auch ein Vertrauter des Kronprinzen Rudolf, der sich aktiv gegen die allzu konservative Politik des Kaiserhauses, seiner eigenen Familie, stellte. Rudolf vertrat eine demokratische Gesinnung und unterstützte, so weit es in seiner Macht lag, die liberalen Medien seiner Zeit. 1889 erschoss er sich mit seiner Freundin in Mayerling.
Berta Zuckerkandl setzte die liberale Haltung ihres Elternhauses vor allem in ihrer täglichen Kolumne im ‚Neuen Wiener Journal‘ fort. Sie war eine erbitterte Gegnerin von Kanzler Engelbert Dollfuß, der nach dem Bürgerkrieg im Februar 1934 (gegen die Arbeiterbewegung) in Österreich den austrofaschistischen Ständestaat errichtete. 1938, nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten flüchtete Berta Zuckerkandl nach Paris.
Nach der Okkupation von Paris durch die Deutsche Wehrmacht im Sommer 1940 entschloss sich die 76-Jährige zur nächsten Flucht und erreichte Algier, wo sich ihr Sohn aufhielt. Nach der Befreiung Nordafrikas appellierte sie über eine von den Alliierten eingerichtete Radiostation wieder für Frieden und Völkerverständigung. 1945 kehrte sie nach Paris zurück, konnte noch die Niederlage des Dritten Reiches der Nationalsozialisten erleben, starb aber im Oktober des gleichen Jahres in Paris. Eine Gedenktafel am Palais Lieben-Auspiez erinnert an diese mutige Frau.